Dr. Albert Kümmel-Schnur

Störungssensitivität

Die Installationen Sommerer/Mignonneaus führen uns in dunkle Kammern. Platons Höhle uneigentlicher Schattenwürfe ist niemals weit entfernt. Dort werden die Menschen ja als hilflos Betrogene dargestellt: angekettet vor einem Schattenspiel, das Trugbilder zeigt. Trugbilder, oder sagen wir besser, Simulationen sind es mit Sicherheit, die uns die Installationen des Künstlerpaars vor Augen stellen: es handelt sich – trotz aller Ähnlichkeit – nicht um Abbildungen, Bilder, die die Welt, die wir kennen, zeigen, sondern um Konstruktionen, Bilder, die aufgrund strikter Regeln errechnet werden und uns Ähnlichkeit mit Pflanzen oder Insekten nur vortäuschen. Ein Projektor führt uns dann vor, was der Computer zuvor als graphischen Output errechnet hat. Diese Bilder haben also keine Originale in der Welt da draußen – sie sind Simulakra – und als solche auch keine Täuschungen mehr, denn sie repräsentieren buchstäblich nichts. Wofür aber dann die erkennbaren Formen? Sie helfen uns verstehen – sie machen die Bildwelten für uns Nutzerinnen und Nutzer oparabel.

„Störungssensitivität“, in: The View. Contemporary Art Space (Hg.): Christa Sommerer & Laurent Mignonneau, 09.06-09.09. Ausstellungskatalog, Saleinstein: The View 2012, S. 6-11.