Dr. Albert Kümmel-Schnur

Vorwort (Äther)

“Vorwort: Äther als Thema der Medienwissenschaft”, in: Albert Kümmel-Schnur/Jens Schröter (Hg.): Äther. Ein Medium der Moderne, Bielefeld: transcript 2007, S. 13-28.

Im Namen des Äthers wird eine unendlich wandelbare, flüssige Welt gedacht, ein utopischer kosmologischer Entwurf. Der Äther ist das Medium, das es gestattet, ein letztes Mal eine Einheit von Mikro- und Makrokosmos zu denken – Universum, Gesellschaft und der zerbrechliche Menschenkörper als Kontinuum von Flüssen und Blockaden. 1905 kommt dann Einsteins Erklärung, dass der Äther ausgedient habe als Deu- tungskrücke. Die Physik bricht im Zeichen von Relativitätstheorie und Quanten- mechanik auseinander. Der Äther wird in den Radiodiskursen der 1920er Jahre immer mehr zur bloßen Chiffre eines verlorenen Imperiums (die alten Einheits- diskurse, die der Äther versprach, kleben wie Schatten an dieser Figur). Die Ma- trix aus undularen oder korpuskularen, fern- oder nahwirkenden Konzepten, die half, den Äther zu denken, war zu dieser Zeit längst eingewandert in Konzeptio- nen kultureller Kommunikation, die den Massenmedienbegriff hervorbrachten. Äthertheorien wären somit zentral beteiligt an jenem Medienumbruch, der ,die Medien‘ und ‚die Medienwissenschaft‘‚ selbst hervorgebracht haben.